Am Montag, den 22. September 2025, löste eine kleine Ziffer eine große Welle aus: Mitsui & Co., Ltd. meldete, dass Berkshire Hathaway Inc. seine Stimmrechtsbeteiligung auf 10,15 % erhöht hatte – und damit die kritische 10 %-Grenze überschritten hatte. Der Aktienkurs von Mitsui sprang um 2,2 %, und binnen Stunden zogen auch die anderen vier großen japanischen sōgō shōsha mit: Mitsubishi Corporation, Itochu Corporation, Marubeni Corporation und Sumitomo Corporation. Warum? Weil hinter dieser Zahl ein Mann steht, der nicht nur investiert – er verpfändet sein Vermögen an die Zukunft Japans.
Ein Mann, der 50 Jahre lang nicht verkaufen wird
Es war kein Zufall, dass die Nachricht am Montag kam. Am Samstag, den 24. September, während einer Q&A-Sitzung in Omaha, Nebraska, antwortete Warren Edward Buffett, Vorsitzender von Berkshire Hathaway Inc., auf eine Frage eines Anlegers aus Hongkong mit einer Aussage, die die Märkte erschütterte: "Ich spreche für Greg – und für mich – wir werden in den nächsten 50 Jahren nicht einmal darüber nachdenken, diese Anteile zu verkaufen." Der Satz kam ruhig, fast nebenbei. Aber er war eine historische Zusage. Buffett, 94, hat in seinem Leben schon viele Unternehmen gekauft und verkauft. Doch hier? Hier spricht er von einer Generation – nicht von einem Quartal.Was macht diese japanischen Handelshäuser so besonders? Sie sind keine klassischen Konzerne. Sie sind wie riesige, unsichtbare Netze, die von LNG-Transporten über Getreidehandel bis hin zu Lachsfarmen in Patagonien alles abdecken. Mitsui & Co., Ltd. allein erwirtschaftete im Geschäftsjahr bis März 2025 118,4 Milliarden US-Dollar Umsatz und 4,32 Milliarden US-Dollar Gewinn. Und das bei einer Bilanz, die noch immer konservativ ist – kein übermäßiger Schuldenaufbau, keine Spekulation. Genau das, was Buffett seit 2020 liebt.
Die Wende: Von 10 % auf 12,5 %
Die Geschichte beginnt 2020, als Buffett zum ersten Mal in die fünf großen sōgō shōsha investierte – insgesamt 6,25 Milliarden US-Dollar, zu einem durchschnittlichen Kurs-to-Buchwert-Verhältnis von nur 0,85. Damals war das fast schon eine Provokation: Warum Japan, wo die Zinsen null waren und die Demografie bröckelte? Doch Buffett sah etwas anderes: Unternehmen mit globalen Wertschöpfungsketten, starken Cashflows und einer Kultur der Geduld. Bis Februar 2025 hatten die japanischen Handelshäuser sich auf eine 10 %-Grenze für ausländische Stimmrechte geeinigt – eine Art Schutzschild gegen Übernahmen. Doch dann änderte sich etwas. In seinem jährlichen Brief an Aktionäre bestätigte Buffett: "Wir haben sie gefragt – und sie haben zugesagt, die Grenze etwas zu lockern."Am 20. September 2025 war es soweit: Die Beteiligung an Mitsui stieg von 9,87 % auf 10,15 %. Das war kein Zufall. Es war eine geplante, regulatorisch verpflichtende Meldung. Und jetzt? Die nächste Stufe steht an. In der Pressemitteilung von Mitsui vom 22. September hieß es klar: "Eine weitere Anhebung der Beteiligung auf bis zu 12,5 % ist bis Q1 2026 möglich." Das bedeutet: Buffett will nicht nur halten – er will mehr. Und die anderen vier Handelshäuser erwarten das Gleiche. Die Märkte reagierten nicht nur mit Kurssteigerungen – sie reagierten mit Vertrauen.
Warum das für Japan zählt
Ryunosuke Shibata, Aktienanalyst bei SBI Securities Co., Ltd., sagte es klar: "Dass der 'Gott des Investierens' mehr kauft, ist ein Tailwind für die gesamte Branche." Und er hat recht. Diese Unternehmen haben sich in den letzten Jahren nicht nur durch die Pandemie und die Energiekrise gehalten – sie haben profitiert. Von 2022 bis 2025 übertrafen sie den Topix-Index um 37,2 Prozentpunkte. Warum? Weil sie nicht auf eine Branche setzen. Sie sind die unsichtbaren Zentren der globalen Wirtschaft: Sie verkaufen nicht nur Stahl oder Soja – sie verwalten Lieferketten, bauen Infrastruktur und finanzieren Projekte von Australien bis Afrika.Und jetzt? Japan selbst verändert sich. Die Inflation liegt bei 3,1 %, die Bank von Japan bereitet sich auf Zinserhöhungen vor. Viele Anleger denken: "Jetzt wird es teuer für Japan." Buffett denkt anders. Er sieht in der Inflation nicht ein Problem, sondern eine Chance – denn höhere Zinsen machen Kapital teurer, und das zwingt japanische Firmen, effizienter zu werden. Und wer profitiert? Diejenigen, die schon jetzt Gewinne auszahlen und Aktien zurückkaufen. Mitsui hat seine Dividende in den letzten drei Jahren um 42 % erhöht. Itochu hat 1,2 Milliarden Dollar an Aktienrückkäufen angekündigt. Das ist kein Zufall – das ist Strategie.
Was kommt als Nächstes?
Im März 2026 finden die Hauptversammlungen der fünf Handelshäuser statt. Dann wird entschieden, wie viel Geld wieder an die Aktionäre fließt – und ob die 12,5 %-Grenze tatsächlich aufgehoben wird. Buffett hat bereits signalisiert: Er wird weiterkaufen, wenn er kann. Und das ist das Spannendste: Er investiert nicht in Technologie-Startups oder KI-Unternehmen. Er investiert in die Grundpfeiler der Weltwirtschaft – und er tut das mit einer Geduld, die heute fast verschwunden ist.Was bedeutet das für kleine Anleger? Nichts Geringeres als eine neue Ära. Japan ist nicht mehr das Land der stagnierenden Märkte. Es ist das Land der stillen Gewinner – und Buffett hat gerade seine Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: "Das hier ist es."
Häufig gestellte Fragen
Warum hat Warren Buffett ausgerechnet japanische Handelshäuser gewählt?
Buffett sah in den sōgō shōsha Unternehmen mit globalen Geschäftsmodellen, konservativen Bilanzen und hohen Cashflows – genau die Eigenschaften, die er seit Jahrzehnten sucht. Im Gegensatz zu vielen westlichen Konzernen haben sie kaum Schulden, zahlen stabile Dividenden und sind in über 20 Branchen wie LNG, Landwirtschaft und Infrastruktur vertreten. Ihre Kurs-to-Buchwert-Verhältnisse lagen 2020 bei nur 0,85 – also unter dem Buchwert – ein seltener Anreiz für einen Wertinvestor.
Wie wirkt sich Buffetts Kauf auf den japanischen Aktienmarkt insgesamt aus?
Buffetts Entscheidung hat eine Signalwirkung: Er hat Japan als Anlageziel legitimiert. Seit seiner ersten Investition 2020 haben die fünf großen Handelshäuser den Topix um 37,2 Prozentpunkte übertroffen. Sein Einstieg löste nicht nur Kurssteigerungen aus, sondern auch eine neue Diskussion über Unternehmensführung und Dividendenzahlung in Japan – was wiederum andere ausländische Investoren anlockt.
Was bedeutet die Lockerung der 10 %-Grenze für ausländische Investoren?
Bis 2025 war die 10 %-Grenze ein Schutzmechanismus gegen feindliche Übernahmen. Ihre Lockerung auf bis zu 12,5 % signalisiert, dass japanische Unternehmen bereit sind, ausländische Investoren als langfristige Partner zu akzeptieren – nicht als Bedrohung. Das ist ein kultureller Wendepunkt. Es öffnet den Weg für weitere große Kapitalzuflüsse, besonders in Unternehmen mit stabilen Cashflows und globalen Geschäftsmodellen.
Ist Buffetts 50-Jahres-Zusage realistisch?
Obwohl Buffett 94 ist, hat er schon oft gesagt, dass er nicht für sich selbst investiert, sondern für die Zukunft von Berkshire. Sein Nachfolger Greg Abel ist bereits als CEO vorgesehen – und hat die gleiche Philosophie. Die japanischen Handelshäuser sind so stabil, dass sie auch in 50 Jahren noch profitabel sein könnten. Es geht nicht um kurzfristige Kursbewegungen – es geht um die Dauerhaftigkeit des Geschäftsmodells. Und das ist genau das, was Buffett liebt.
Warum stiegen auch die Aktien der anderen vier Handelshäuser?
Weil Investoren davon ausgehen, dass Buffett nicht nur Mitsui, sondern alle fünf Handelshäuser bevorzugt. Alle fünf Unternehmen teilen ähnliche Geschäftsmodelle, Bilanzstrukturen und Dividendengeschichten. Wenn er bei Mitsui über die 10 %-Grenze geht, ist es wahrscheinlich, dass er auch bei Mitsubishi, Itochu, Marubeni und Sumitomo nachlegt. Die Märkte reagierten nicht auf eine einzelne Aktie – sie reagierten auf ein ganzes Segment.
Welche Rolle spielt die japanische Inflation von 3,1 % dabei?
Die Inflation ist kein Hindernis – sie ist ein Treiber. Höhere Preise zwingen japanische Unternehmen, ihre Preise zu erhöhen, was die Gewinne stützt. Gleichzeitig ermöglicht die Bank von Japan nun langsam Zinserhöhungen, was Kapital teurer macht – und damit Unternehmen zwingt, effizienter zu wirtschaften und Kapital zurückzugeben. Genau das tun die Handelshäuser: Sie erhöhen Dividenden und kaufen Aktien zurück. Buffett sieht das als Zeichen für eine gesündere Wirtschaft – nicht als Warnsignal.