Als René Benko, Immobilienmagnat und Kopf von Signa Holding am 23. Januar 2025 in die JVA Wien gebracht wurde, ahnte wohl niemand, dass seine Ehefrau kurz darauf die Scheidung einreichen würde. Die 42‑jährige Nathalie Benko reichte den Antrag am 17. März 2025 ein – ein Schritt, den österreichische Medien sofort als Signal für den kompletten Kollaps des einstigen Immobilienimperiums deuteten.

Hintergrund: Signas Aufstieg und Fall

Seit der Gründung von Signa Holding im Jahr 1998 hatte das Unternehmen ein rasantes Wachstum erlebt. Mit Projekten wie dem Donau City und dem Park Hyatt in Wien wurde es zum Synonym für Luxus‑ und Großprojekte. Doch ein Trio aus steigenden Zinsen, explodierenden Energiepreisen und überhöhten Baukosten ließ das Geschäftsmodell im Frühjahr 2024 ins Wanken geraten. Kreditoren forderten rund 2,4 Milliarden Euro, während das Konkursgericht bislang nur 47 Millionen Euro anerkannt hat.

Die Insolvenz von Signa hatte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft Österreich verdächtigte Benko, während des Insolvenzverfahrens Vermögenswerte zu verschleiern – ein Vorwurf, der in der Folge zu seiner Festnahme führte.

Scheidungsantrag und persönliche Umstände

Nach Angaben von oe24.at sei die Ehe der Benkos seit dem Jahr 2010, als sie in einer Villa in Igls heirateten, längst zum Ruhezustand geworden. "Sie will sich und ihrer Familie das nicht mehr antun und einen Schlussstrich ziehen", zitierte ein naher Familienfreund die Ehefrau. Drei gemeinsame Kinder und ein gemeinsamer Besitz von Immobilien in Österreich, Deutschland und sogar Ibiza waren bis dahin Teil des Familienvermögens.

Der Scheidungsantrag kam nicht von ungefähr. Bereits im Oktober 2023 hatte Igls einen Vorschuss von 360 000 Euro für die Miete der Villa erhalten – ein Betrag, den die Schwester des René Benko für ihn einzahlte, bevor er das Mietverhältnis im Zuge des Insolvenzverfahrens beenden wollte.

Rechtliche Auseinandersetzungen und Forderungen

Der Fall ist juristisch ein Minenfeld. Neben der Hauptanklage wegen Vermögensverschleierung läuft eine zweite Anklage über Schäden in Höhe von 370 000 Euro. Diese bezieht sich auf angebliche Vorauszahlungen von 120 000 Euro in bar und luxuriöse Gegenstände im Wert von rund 250 000 Euro, die in einem Safe bei Verwandten versteckt waren. Der Oberste Landesgericht hat die Verhandlung für den 14. und 15. Oktober 2025 anberaumt.

Die Scheidung wirft zudem die Frage auf, wie die Gläubiger mögliche Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüche der Nathalie Benko behandeln werden. Experten rechnen damit, dass die Forderungen der Gläubiger durch das Familiengericht weiter reduziert werden könnten – vorausgesetzt, es lässt sich nachweisen, dass die übergebenen Luxusgüter nicht als gemeinschaftliches Vermögen, sondern als verdeckte Zuwendungen an die Ehefrau bezeichnet werden können.

Vermögenswerte, Luxusgüter und mögliche Konsequenzen

Die Ermittlungen haben ein beeindruckendes Bild von Geschenken und versteckten Schätzen gezeichnet. Laut Bild erhielt die Ehefrau in den letzten zehn Jahren Geschenke im Wert von fast 8 Millionen Euro. Darunter ein Diamantring, der 2021 in Zürich für 2,16 Millionen Euro erworben wurde, und ein reservierter "Harry Winston Yellow Diamond Ring", dessen Preis bei 2,3 Millionen Schweizer Franken lag – ein Kauf, der letztlich nie vollzogen wurde, weil das Geld bereits aus den Konten der Signa geflossen war.

Ein weiterer Hinweis auf die finanzielle Schieflage kam 2021, als Benko eine Zahlung für den Ring an den Juwelier nicht abschloss. Der Juwelier schrieb ihm, dass das Schmuckstück „nicht bezahlt“ sei und anderweitig angeboten werde. Das war das erste Anzeichen dafür, dass trotz seines Rufes als einer der einflussreichsten Investoren Europas das liquide Geld längst geschmolzen war.

Seit Januar 2025 untersuchen die Soko Signa die Rolle von Nathalie Benko dabei, ob sie aktiv beim Verstecken von Bargeld, diamanten und Uhren geholfen hat. Laut heute.at wurden in einem Safe hinter Kartonattrappen mehrere Diamanten und Luxusuhren gefunden – ein Bild, das an ein Hollywood‑Drehbuch erinnert, aber Realität ist.

Der Wirtschaftsexperte Prof. Dr. Johannes Kraus von der Wirtschaftsuniversität Wien erklärt: "Wenn das Familienvermögen als Teil des Insolvenzvermögens gilt, können Gläubiger im Ergebnis noch weitere Milliarden einfordern. Die Scheidung ist für die Gläubiger ein zweischneidiges Schwert – sie könnte einerseits den Zugriff auf das Eheguthaben erschweren, andererseits neue Fragen zur Rückzahlung aufwerfen, die das Verfahren weiter verzögern."

Ausblick: Verfahren und mögliche Auswirkungen

Der Scheidungsprozess selbst dürfte bis ins Frühjahr 2026 dauern, weil das Familiengericht zunächst die Vermögensaufteilung prüfen muss. Parallel laufen die strafrechtlichen Verfahren, deren Ergebnis die finanzielle Zukunft der Benkos entscheidend bestimmen wird. Sollte das Gericht die versteckten Gelder als Teil des Insolvenzvermögens einordnen, könnte ein Teil der noch offenen 2,4 Milliarden‑Euro‑Forderungen beglichen werden – ein Szenario, das die österreichische Bankenlandschaft etwas entspannen würde.

Für die Kinder der Benkos bleibt das Bild unklar. Ein Gericht hat bislang keinen Beschluss über das Sorgerecht gefasst, wohl weil die endgültige Entscheidung über das Vermögen noch aussteht. Beobachter vermuten, dass die Kinder im besten Fall von einem Treuhandfonds profitieren könnten, der aus den noch nicht verteilten Vermögenswerten gespeist wird.

Insgesamt zeigen die Ereignisse, wie schnell ein milliardenschweres Imperium zusammenbrechen kann, wenn Zinsen, Energiepreise und Baukosten plötzlich in die Höhe schießen – und wie eng persönliche und geschäftliche Entscheidungen dabei verknüpft sind.

Häufig gestellte Fragen

Wie beeinflusst die Scheidung die Gläubiger von Signa?

Die Scheidung könnte dazu führen, dass das Vermögen von Nathalie Benko als Teil des Insolvenzvermögens betrachtet wird. Gläubiger könnten dann zusätzliche Ansprüche geltend machen, die bisher nicht im Konkursverfahren erfasst waren.

Welche Luxusgüter stehen im Fokus der Ermittlungen?

Untersucht werden ein Diamantring im Wert von 2,16 Millionen Euro, ein reservierter Harry‑Winston‑Ring (2,3 Mio. CHF) sowie mehrere Uhren, Manschettenknöpfe und ein Safe voller Bargeld, der insgesamt fast 250 000 Euro an Wert aufweist.

Wann findet die Verhandlung über die zweite Anklage statt?

Der Oberste Landesgericht hat den Verhandlungstermin auf den 14. und 15. Oktober 2025 festgelegt.

Wie hoch sind die offenen Forderungen der Gläubiger?

Die Gläubiger fordern insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro. Bisher wurden von den Gerichten lediglich 47 Millionen Euro anerkannt.

Welche Rolle spielt die Soko Signa?

Die Soko Signa ermittelt seit Januar 2025, ob Nathalie Benko aktiv beim Verstecken von Bargeld und Luxusgütern mitgewirkt hat.